Mittwoch, 2. September 2009

Turn your face to the sun...

... and the shadows fall behind you.
















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Eine Cadbury Dairy Milk „Macadamia“-Schokoladentafel mampfend schreibe ich also meinen nächsten Bericht, die Sonne im Gesicht und auf den Schenkeln, denn ja, hier ist erstklassiger Frühling und ich habe mir zur Feier meines Feierabends um vier des Nachmittags eine kurze Hose angezogen und sitze auf der Terrasse.
Inkey the cat liegt hier auch rum, sie genießt die Wärme, mauzt hin und wieder vor sich hin, die Barthaare zucken vom Fliegen- oder Mäusetraum und sie sieht in etwa so zufrieden aus wie ich.

Mach ick ma Kaffe, wa?

Ich habe soeben fasziniert zwei Spinnen bei der Vorbereitung zum Paarungstanz beobachtet, aber eigentlich nur die eine (Spinne X – ich nehme an, das Männchen), denn die andere (Spinne Y) ist immer nur weggelaufen und war sichtlich irritiert von den Gebärden des Artgenossen X, der doch versuchte, sie durch Strecken des 3. und des 8. Beins (recht unsymmetrisch, wie ich fand) zu beeindrucken und sich dann gaaaanz langsam in ihre Richtung bewegte, obwohl er vorher ja noch gerannt ist wie am Spieß. X dachte wohl, Y merkt nicht, dass er näher kommt, aber Y war das zu blöd und sie nahm Reißaus. Die Gelegenheit nutzte X natürlich unverblümt und rannte wild hinterher, bis Y stehen blieb (er wollte ja nicht, dass sie merkt, dass er hinterher rennt) und feststellen musste, dass das ganze Gerenne den Abstand nun irgendwie auch nicht verringert hat.


Das Ganze ist so vier Mal passiert, dann hatte Y es aber satt, sie ist ja nicht blöd, und hat die Wand gewechselt, davon war X scheinbar überfordert, denn er machte sich zum Rückzug bereit und sie war dann auch schon über alle Berge.


Seufz. Unrequited sucks, eh?


Ich grinse jetzt selbstverständlich vor mich hin und widme mich dem eigentlichen Bericht.



Wandern mit Ruth & Ro war schön. Mit Schnee, aber warm.























Wir sind quasi inmitten des Oxford Forest, etwa eine Stunde westlich von Chch, auf dem Gipfel von Mount Richardson den Blick auf die Southern Alps genießend.




















Ich habe mich außerdem natürlich wieder in Christchurch für Euch umgesehen und habe unter anderem folgendes entdeckt:
  • Mac’s Bier ist am leckersten und macht die beste Werbung mit der schönsten Schrift
  • manche der Mondkrater haben kleine Nippel in der Mitte (wir waren im Planetarium, haben die Mondoberfläche ganz nah und Jupiters 4 Monde und die Jewel Box neben dem Kreuz des Südens gesehen, jippiiiiiie!)
Außerdem kleiner Nachtrag zum Juni:
Ein Erdbeben erschütterte den Süden der Südinsel, als ich noch im Süden der Südinsel wohnte. 7,8 auf der Richter-Skala, ein Rekordbeben in NZ. Wir waren in Elsas Küche, da war nichts zu spüren, aber Petra im Zimmer nebenan sah ihre Möbel wackeln. Mist, dass ich das verpasst hab irgendwie. Aber ich klopfe mal aufs Holz, ich werd mich ja nicht um Tod durch Erschlagen prügeln wollen, wo ich doch in einem Land bin, das auf dem Ring of Fire sitzt. Elsas Küche ist jedenfalls scheinbar sicher. Lach.
PS:
Vor einigen Monaten habe ich hier ein Bild reingestellt, das mal wieder beweist, wie klein die Welt ist. Ohne es zu wissen, hab ich im Mai ein Foto von meiner damals zukünftigen, mittlerweile jetzigen Mitbewohnerin gemacht. Erinnert sich jemand an die 5 rosa Schweinchen, die den Marathon gelaufen sind? Das waren Ro, ihre Partnerin und ihre Kinder. Marta würde auf Spanisch sagen: Die Welt ist ein Taschentuch.


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Te tiro atu to kanohi ki taira whiti ana tera whiti te ra kite ataata ke hinga ki muri kia koe.

Te Reo Maori, die Sprache der Maori. So ein wunderschöner Klang, und voll von so viel Wahrheit, Wertschätzung und Wissen, und vielen anderen Dingen, die ich aber erst im nächsten Satz nennen kann, sonst ist die Alliteration futsch. Liebe zur Natur und zu Menschen zum Beispiel.

Ich bin dem Maori-Kurs gleich in der ersten Woche hier beigetreten. Marta hatte schon 3 Sitzungen hinter sich, glaube ich. Und die Atmosphäre, die in diesem Kurs herrscht, ist fast schwer in Worte zu fassen, wenn man das Wort „esoterisch“ nicht benutzen möchte. So viel Unterstützung von allen Seiten, so viel Freude über jeden Fortschritt, so viel Herausforderung durch Maaka, den Lehrer.

Wir sind 10 Schüler, die alle Lehrer an der Rangi Ruru Girls School sind. Wir können uns nicht auf Maori unterhalten, nicht nach 2 Monaten Unterricht, aber wir verstehen, teilen, arbeiten zusammen und lachen viel. Jetzt haben wir noch 2 Sitzungen, und irgendwie wird danach wohl etwas fehlen Dienstagabend…


Marta und ich haben uns natürlich – fleißige Schülerchen, die wir sind – vorgenommen, auf unserer dreitägigen Wanderung mit Zeus und deren Freund Carles entlang des Abel Tasman Coast Track (=“Küstenwanderweg“) unsere Vokabeln zu lernen, aber die Listen wurden, was mich betrifft jedenfalls, vergeblich in den Rucksack gestopft, denn man hat doch nicht wirklich Zeit für so was, wenn man hier lang läuft:



Mit Fortuna auf unserer Seite hatten wir natürlich super Wetter, und das Anfang August, der ja quasi ein europäischer Februar ist!



Tag 1 verbrachten wir halbwegs damit, erstmal von Christchurch zum Startpunkt zu fahren. Wir hatten am Tag 0,5 schon mal damit angefangen, aber es wurde dann Nacht und wir müde. Jene Nacht, am Straßenrand auf einer kleinen Wiese im Schatten von Bäumen, war kurz. Marta und Zeus im Auto, Carles und ich in einem Minizelt, dessen Größe (oder „Kleine“?) es aber auch nicht wärmer gemacht hat (mann, war das kalt), und ein kleiner Bach quasi direkt neben uns plätschernd die ganze Nacht, ein Requiem für meine Blase, das mit dem Bier war ne blöde Idee, und ich hätte ja doch noch mal gehen sollen, aber es war so kalt…


Wir kommen also irgendwann gegen Mittag am Startpunkt an, essen (das ist bei jeder Wandertour meine Lieblingsaktivität) und schnüre des Ränzle und los geht’s.















Das Schöne an einem Küstenwanderweg ist, dass man, abgesehen von schwerem Rucksack, permanentem Verlangen nach Essen (also ich jedenfalls) und sandflies (kleine Mückenbiester, die eigentlich viel zu klein sein müssten, um solche Flatschen am Bein zu hinterlassen) die Tatsache einrechnen muss, dass manche Teile des Wegs nur bei Ebbe zu überqueren sind, man ja aber rechtzeitig zur Hütte gelangen muss, um zu schlafen. Man hat also keine Zeit, auf die Ebbe zu warten, falls man mal spät dran ist. Wenn sie weg ist, ist sie weg. Flut tut nicht gut.

Hm!


Mist, der Weg bis zur ersten Übernachtungshütte ist lang. Lasst uns mal rechnen. Die Sonne geht gegen 5 unter. Die Hütte ist am Ufer eines Flussbetts, das von Gezeiten beeinflusst wird. Der Tiefpunkt der Ebbe ist gegen 16 Uhr, danach steigt das Wasser. Laut Plan brauchen wir 5 Stunden, um dahin zu kommen.


*räusper* … Here we go.




Hach, wir haben ja Zeit, so viel schönes Wasser, und so klar, und ach, die schönen Bäume, und die Vögel zwitschern, und juchhu, noch 2 Stunden bis zur Hütte, und wow, das Wasser ist ja so türkis, oh, und da sind Wekas, die werden oft mit Kiwis verwechselt:


Und am Strand gibt es Sandwürste...


Lalalalalaaaa…


Na, das schaffen wir schon, kein Ding. Ha!

Aaaaaaah, da drüben irgendwo steht die Hütte, auf der anderen Seite des Flussbetts, Überquerung dauert laut Plan 30 Minuten, ist ja wirklich sehr breit.
Es wird dunkel. Die Sonne ist schon ne Weile weg, aber zum Glück hat sie noch etwas Licht hier gelassen, bevor sie nach Europa abgezischt ist, wir sehen ein ganz schwaches Licht am anderen Ufer im Wald, hoffentlich geht das nicht aus, sonst finden wir die Hütte nicht.

„Wann kommt die Flut?“ Wie war das noch mit der Ebbe? Na, das sieht ja aus wie ein See… Nee, geht ja gar nicht, ist doch nur ein kleiner Fluss…oh…ja, doch, ein Fluss. Ein breiter…Okay, Schuhe aus, Socken aus, rein ins Vergnügen.


Ich schreie wie mein Bruder im Wald, scheiße, ist das kalt, und bis zum Knie, ich will raus, nöööö, wieso sind hier Muscheln??? Tausende kleine, scharfkantige Biester und kein Ende, dann lieber sandflies, bin doch so schwer mit Rucksack!! Zerschunden und zerkratzt schleppen wir uns mit letzter Kraft zur Hütte, die letzten 200 Meter auf feuchtem Sand mit Schuhen (Wohltat), jemand hat das Licht ausgemacht, och nöööö, wo ist die Hütte??

Nun ja, ganz so dramatisch war das alles nicht, aber als uns dann ein Amerikaner erzählt, dass er am nächsten Tag den gleichen Weg wie wir nimmt und um 5 aufsteht, damit er rechtzeitig bei der nächsten Überquerung in Onetahuti (Tonga Bay) ankommt (ja, es gibt viele Überquerungen), bevor die Flut kommt, macht er uns ein bisschen stutzig, vor allem, weil er von einem Kumpanen erzählt, der einmal eine Überquerung mit Rucksack über dem Kopf und Wasser bis zur Brust machen musste. Wir sprechen hier von einem rumpfgroßen Rucksack, etwa 13 Kilo.


Darauf hab ich ja nun gar keine Lust, schon gar nicht im Winter. Wir beschließen trotzdem, dass um 6 aufstehen auch reicht und verschlafen natürlich am nächsten Morgen.

Anderthalb Stunden nach geplantem Abmarsch stiefeln wir also los und ich, verängstigt von der Vorstellung, bis zum Hals in wirklich kaltem Wasser zu stehen
meinen mit viel zu viel Essen und ignorierten Vokabeln voll gestopften Rucksack mit meinen schwachen Ärmchen tragend renne quasi um mein Leben.

Ich zwinge mich, die Gedanken an Leonardo DiCaprio zu verdrängen, der erfroren in den eisigen Tiefen des Nordatlantiks versinkt, nachdem er von Kate Winslet (mmh…) verabschiedet wird, die den Untergang der Titanic glücklicherweise überlebt hat (– zum Glück! Wo wären wir heute ohne Kate Winslet?).


Marta meint, sie hat mich noch nie so rennen gesehen. Naja, man tut, was man kann, um dem Tod durch Erfrieren zu entgehen, ne?


Dann gelangen wir zum Überquerungsareal. Ich muss lachen, als ich den unüberwindbaren, reißenden Strom vor mir sehe …


… und springe fröhlich von Steinchen zu Steinchen und bin in 3 Sekunden auf der anderen Seite.

Da wir ja nun durch mein Gerenne unserem Plan quasi voraus sind, haben wir viel Zeit, die Bucht zu erkunden. Es ist Vormittag und die Sonne hat noch nicht alles hier berührt, zu hoch ist der Berg hinter der Bucht, und wir laufen über gefrorenen Sand.


Ja, der Unterschied zwischen Tag- und Nachttemperaturen ist ziemlich beeindruckend. So auch der Temperaturunterschied zwischen Schatten und Nichtschatten, die sogar helligkeitsmäßig verschieden sind.



Wie durch ein Wunder erspähe ich ein paar Süßigkeiten in meinem Rucksack und reduziere sie mit Marta und Carles, während wir Zeus dabei zusehen, wie er mit Robben spricht und sie dokumentiert.



Wir kommen am frühen Nachmittag in der nächsten Hütte an und lungern am Strand herum, was soll man sonst machen bis zum Abendessen. Klatschen üben.


Marta und Carles studieren das Ceng Ceng-Pattern und ich schaffe es nicht ganz, die anderen am Strand Herumlungernden zum Beitritt ins Ensemble zu bewegen.



















Am dritten, letzten Tag rennt Zeus dann mal schnell 35 km durch den Wald zum Auto, denn der Wanderweg ist kein Kreis und wir müssen ja irgendwie nach Christchurch zurückkommen und er rennt so gern.



Wir laufen in der Zeit (4h) gemütlich nach Marahau, zum Endpunkt des Tracks. Vorher noch schnell in eine Höhle gekrochen und Wetas betrachtet, Riesenviecher, grillenartig.



Ich erstehe eine von J. Sun, dem Okarinaverkäufer, handgemachte Okarina für 70 Dollar, deren Timbre und Höhen ich dann in den verbleibenden Stunden des Tages – eigentlich zur Unterhaltung, aber vielleicht eher zum Leid meiner Freunde – entdecke.


Dann kommt Zeus auch schon angefahren und wir fahren nach Motueka, wo wir dann die Nacht verbringen. Wir schlafen in einem Motor Park, die Dusche ist göttlich und soll nie enden.

Auf unserem Rückweg nach Christchurch am Tag # 4 testen wir dann noch das Bier in der Sonnenstadt Nelson.



Nein, kein Gerüst. Die Kathedrale von Nelson.


Und noch eine kleine Wanderung, bei der wir dieses Schild entdecken deutlicher geht es nicht:



Zeus und Carles fahren dann weiter zur Nordinsel, nachdem sie uns am Flughafen absetzen. Ja, wir FLIEGEN zurück. Dauert nicht mal ein Stündchen, also 5 Stunden schneller als mit dem Auto.


Carles sitzt jetzt, da ich das schreibe, im Flugzeug auf dem Weg zurück nach Katalonien.
Hasta luego, Carles.